Sie lodert wieder, die Flamme der Münsteraner Emporkömmlinge Burn. Heller als je zuvor. Und angesichts der steilen Karriere, mit der man den Bandnamen in den letzten zwölf Monaten verbreitete wie ein Lauffeuer, will das wirklich was heißen. Das ganze Jahr 2011 hindurch brannte der Bandmotor auf höchster Flamme, konnte dabei auf einen unerschöpflichen Vorrat an Brennstoff zurückgreifen und säte die Saat einer Burn-Euphorie in den Herzen der Menschen. Jetzt treibt diese gründliche Aussaat pechschwarze Blüten: Mit „Black Magnolia“ offeriert der Vierer ein Album, dessen Reife für ein Zweitwerk ebenso einmalig und faszinierend ist wie der Sound zwischen geradlinigem, kernigem Rock und britischer Wave-Melancholie.
Doch halt: Wieso entzünden sich die Herzen vier junger Männer überhaupt für eine Mischung aus Rock und Wave, ebenjenem Genre, das in den Achtzigern seine größte Blütezeit hatte? Die Antwort ist ebenso naheliegend wie ungewöhnlich: Weil sie Bock darauf haben. Weil sie die Musik spielen, hinter der sie selbst stehen. Weil sie sich lieber selbst verwirklichen anstatt kurzlebigen Trends hinterher zu hecheln. Entsprechend hoch war das Maß an Leidenschaft, mit der Burn im vergangenen Jahr deutschlandweit kleine Feuer legten, die sich nun zu einem schwelenden Flächenbrand vereinigen: Die Veröffentlichung des vielbeachteten Debüt „The Truth“ im März, direkt im Anschluss der Beginn eines strammen Tourprogramms, bei dem man sich bis Jahresende vor mehr als 80.000 Zuschauern präsentierte und im Vorprogramm von Formationen wie Schandmaul, Clan Of Xymox und sogar Unheilig glänzen konnte – ergänzt um Festivalauftritte auf Großveranstaltungen wie dem Blackfield. Dieses Engagement zahlt sich jetzt aus. Und wie.
Anstatt sich an den Flammen dieser frühen Erfolge zu wärmen, war es für Burn jederzeit klar, dass dies nur der Anfang sein konnte. Schon bald machte man sich wieder ans Komponieren, entwickelte den charakteristischen Bandsound gleichermaßen feinfühlig wie konsequent weiter. Stehenbleiben kommt für die Durchstarter nicht in Frage – das hört man auch „Black Magnolia“ an. „Wir haben den Sound mehr an den frühen Wave der Achtziger angelehnt und den spezifischen Klang der Band noch mehr herausgearbeitet“, verrät Sänger Felix Friberg. Was das bedeutet, machen Stücke wie „Ninety-Nine Floors“ oder der Titeltrack deutlich: Mit den Heroen der Wave-, Post Punk- und Rock-Welt im Geiste zünden Burn ein eigenständiges Feuerwerk rockiger Klänge, das man in diesem rauen Charme niemals von einer deutschen Band erwartet hätte. „Es war uns wichtig, dass nicht die Wuchtigkeit der Produktion sondern die Kompositionen die Songs tragen sollen“, kommentiert der Sänger den sehr natürlichen Sound des Albums. Alles niederwalzende Gitarrenwände sucht man auf „Black Magnolia“ vergeblich. Zum Glück, denn auf diese Weise können die Stücke atmen und ihren unerhört eingängigen Zauber entfalten. „Wir wollten ein kantiges und knarziges Album, etwas ganz Eigenständiges“, so Felix. Haben die Münsteraner das geschafft? Mit Bravour!
Nachdem man 2011 mit dem Erstling sprichwörtlich die Wahrheit verbrannte, wird erst mit „Black Magnolia“ deutlich, welches Talent in dieser Band schlummert. Noch immer ist sich Felix seiner Vergangenheit in der Welt der düsteren Klänge bewusst, ebenso wie jedes einzelne Mitglied seine musikalischen Vorlieben in ein Album einfließen lässt, das bei aller Vielseitigkeit stets bewegend, bei allen musikalischen Schattierungen stets wie aus einen Guss wirkt. Man kann es nur wiederholen: Für ein zweites Album legen Burn die Messlatte beeindruckend hoch, meistern mitreißende Balladen wie „Pouring Rain“ ebenso wie elektronische Rock-Manifeste Marke „Here Comes The Flood“, bei dem man mit Matthias Ambré (ehemals ASP) zusammengearbeitet hat. Was danach kommt? Nun, das kann natürlich niemand sagen. Es müsste aber viel passieren, wenn „Black Magnolia“ nicht ein großer Schritt in Richtung Rock-Olymp werden sollte. Dieses Feuer wird nicht zu löschen sein.